Die Perpetuierung des Feindbildes

Eine Bewegung, die aus dem Ressentiment kommt, die an ihrer Existenz zweifeln müßte, würde sie die Ressentiments nicht ständig auf-Recht-erhalten. Der Mangel an Feinden, produziert neue Feinde.
Stalin hat in Prozenten gedacht, eine Zeitlang ohne Terror läßt diese nach oben schnellen.
Pol Pot war konsequenter, sein Credo eigentlich müßte man Alle umbringen – denn Alle sind Feinde.

Der Nationalsozialismus baute auf dem Ressentiment, daß alle anderen Völker desto minderwertiger sind, je mehr sie dem Judentum nahe stehen: Sie wollen uns (Deutsche) vernichten, deshalb müssen wir kämpfen.
Die Kampfrhetorik ist hier von Beginn an auf der Stufe des Ausnahmezustandes, der nur noch in den Kriegszustand wechseln muß. Die Möglichkeit des eigenen Untergangs ist dem inhärent.
Was hätte Hitler nach einem totalen Sieg noch tun können?

Stalin hat durch die Erfahrung der 30er Jahre, der Selbstverständlichkeit des Mordens, dem Angriff Hitlers entspannt entgegensehen können. Der Feind vor den Toren seiner Stadt (es wird ihm wohl doch auch mulmig gewesen sein); die mobilisierte Gesellschaft ersetzt die konstruierten Feinde gegen den echten. Ein Training der Opferbereitschaft während des Terrors schafft die Voraussetzung für das Durchhalten in größter Bedrohung und die Voraussetzung zum Sieg.

Ein ideologischer Sieg Stalins bis heute: alltäglich wagt es kaum einer, Hitler & Stalin zu vergleichen, sie in ihrer Monstrosität gleich-zu-setzen.

Keine Vor-Urteils-Gefühle zu haben, gegen niemanden – durchaus ein Indiz persönlicher Freiheit, wäre die Voraussetzung für den vorbehaltlosen Vergleich von Nationalsozialismus und Linken.

Der real-existierende (poststalinsche) Kommunismus ist untergegangen, weil er sich ökonomisch keine Feinde mehr leisten konnte und sich auf das Feld der Argumentation einlassen mußte.

Die Linken von heute haben sich nie einer ernsthaften Diskussion über die Gründe des Scheiterns der kommunistischen Gesellschaften gestellt. Die das taten, hörten auf Linke zu sein.

Sie gehen erneut den Weg der Verschärfung des Ressentiments. Daher die Totalität der Feinderkundung, Aus Nicht-Linken werden Rechte, werden Rechtsradikale.
Die gesamte Menschheit wird zu ihrem eigenen Feind erklärt – das Prinzip Pol Pot globalisiert.
Die Eskalation von Sieg & Niederlage als der Kampf um das Klima. Die Menschheit auszurotten um die Natur zu retten. Keine Zuflucht im Dschungel von Kambodcha danach. Ein suizidales Konstrukt das jeden, der das teilt, zu Insassen des Bunkers im Endkampf macht.

Die Romantik der Eschatologie, eine Begleiterscheinung des Weltkriegs Eins.

Der Auftritt eines unsichtbaren Feindes aus Wuhan schafft ein Dilemma: Bei allem Weltuntergang, sowas hätte man nicht erwartet. Die Legende, daß die Natur sich rächen würde, scheint wahr oder nicht, je nach Nachrichtenlage, ob das Virus menschengemacht sei oder nicht, die Maßnahmen angemessen sind oder nicht.
Die Erklärung der Kritiker der Maßnahmen zu Feinden geht erst auf, aber ein Teil der Kritiker sind liberale, individualistische Linke, die wie aus einem Nirvana auftauchen.

Es findet eine Auseinandersetzung wie zum Ende des Kommunismus statt. Die Linken müssen sich auf Argumente einlassen.