Das Dämmern der Welt

Werner Herzog erzählt über Leutnant Hiroo Onoda, der von 1945 bis 1974 seinen Auftrag auf der phillippinischen Insel Lubang ausführte. Er solle die Stellung halten und für eine japanische Reinvasion bereit sein.
Japan kapituliert im August 1945, Leutnant Onoda hält die Stellung noch 29 Jahre.
Er entwickelt, ohne daß er eine Ausbildung dafür erhalten hätte, eine nachhaltige Guerillataktik, die ihn überleben läßt, obwohl alle Welt weiß, daß dieser Mann dort im Dschungel existiert. Herzog erzählt seine Geschichte schlicht und kurz, nur das Essentielle aus Onodas Situationen. Es entspricht dem Minimalismus japanischer Tradition.
Onoda wird ein hochqualifizierter Spezialist des Überlebens und des Kampfes im Dschungel. Alles, was er tut ist maßvoll, er plündert keine Dörfer aus, er nimmt sich nur, was er unmittelbar zum Überleben braucht, er tötet nicht ohne Not. Und ist gleichzeitig maßlos, was die Erfüllung seines Befehls betrifft. Er ignoriert alles, was auf ein Kriegsende hindeuten könnte. Er ist in seinem unmittelbaren Handeln absolut rational, mit der Welt um sich befindet er sich weiterhin im Krieg. Alle Zeichen (Flugzeuge und Schiffe nach Korea, nach Vietnam) deutet er als Verlagerung des Kriegs, in dem Japan noch immer kämpft.
Eine Erweiterung des Höhlengleichnisses, nur das Onoda in seiner Höhle nicht fixiert ist, er ist dort zumindest so frei, daß er seine Fähigkeiten, sein Talent und Können zu Überleben entwickeln kann. Eine Form der Askese.
Aber die Welt sieht er mit den Augen eines, der im Endkampf steckt, der nur kurz aufrechterhalten werden muß, um den Krieg zum Sieg zu wenden.
Die Welt außerhalb liegt für ihn im Dämmer, aber die Welt selbst auch, denn sie rettet ihn nicht. Erst ein naiver junger Japaner ist dazu in der Lage. Es spricht für Onoda, daß er auf ihn reagiert, ihn nicht tötet. Der Unschuldige, der das Biest erlöst.
Aber das Dämmern der Welt ist auch der Widerspruch, den Herzog beschreibt. Man kann auf der einen Seite total rational sein und das Überleben gibt einem recht. Sich aber auf der anderen Seit total irren. Daß sich diese Geschichte wie ein Märchen auflöst, ist ein Trost. Keiner für die zwei Männer, die ihm die Treue hielten.