Angstbereitschaft

Warum hat eine Mehrheit so heftig auf diejenigen reagiert, die zum einen die Gefährlichkeit von SarsCov2 deutlich niedriger und die Maßnahmen zu seiner Eindämmung als überzogen oder gar als unnötig eingeschätzt haben? Woher kommt die massive Agression gegen Kritiker, die sich nicht moderat, sondern klar positioniert haben.
Aus all dem Nebel aus Erklärungen zeichnet sich mir etwas deutlich ab: eine jahrelange Erfahrung. Nämlich, daß Menschen, die angstbereit sind, äußerst agressiv reagieren, wenn ihre Angstlust nicht geteilt wird. Das Abweichen von der geteilten kollektiven Angst, auch ein Abweichen von der religiösen Norm (wenn denn Religion die Substitution von Angst auch ist), wird bestraft.
Dahinter steckt das eingeübte Schwarmverhalten der Horde, das versucht, Angstmachendes kollektiv anzugehen. Eine Überlebensstrategie, die mehrheitlich erfolgreich ist, sich aber eben auch irren kann…

Verständnis für Mordor

Es ist fraglich, ob auch nur einer in Deutschland versteht, was Babi Jar ist, wenn man es auf das eigene Handeln bezieht. Was es heißt, sich vorzustellen, mit schußbereiter Waffe zwei Tage lang Menschen vor sich her zu treiben, sie zu zwingen, sich auszuziehen, sich aufzustellen, erschossen zu werden und das über 48 Stunden als Dauerprogramm. Sand über die Leichen, die nächsten bitte.
Dieser Krieg begann als gemeinschaftlicher Raub zweier: der Deutschen und der Russen: der Weltsozialismus und der Nationale Sozialismus gegen Polen.
Und es ist weiter fraglich, ob auch nur einer in Deutschland versteht, daß da im Osten dieser alte Krieg weitergeht. Und Deutschland in seinem Nichthandeln als die positive Negation der SS auftritt.
Als so clever hatte ich die ideologischen Grünen bisher nicht angesehen: nämlich die Russen lösen die Deutschen ab in der welthistorischen Rolle als Mordor. Damit ist man aus allen Kalamitäten raus, was Babi Jar und die Folgen betrifft.

West-Östlicher Diwan

Daß die Ukraine sich mit einem Fuß im Westen befindet, zeigt die Strategie ihrer Armee. Intelligent, beweglich auf die russischen Eisenkolonnen reagierend, eine Kriegsführung, bei der man sich sowenig wie möglich opfert, dem Feind soviel wie möglich Schaden zufügt. Weit entfernt vom ritterlichen (Aufeinander-) Treffen.
Der andere Fuß im Osten, das ist die unbedingte Verteidigungsbereitschaft, sich für seine Heimat zu opfern – wenn es sein muß. Wenn es sein muß, das ist der Unterschied zu den Russen, das Wort wenn. Die russische Armee hat die alte Befehlsstruktur (im Gegensatz zu im Auftrag handeln), das Erbe des Sozialismus, wo keiner Verantwortung übernimmt. Opfern gilt hier immer, als Befehl und so steht dann auch ganz schnell für den einzelnen Soldaten die Frage: Warum muß ich mich opfern, das Umschlagen von nicht funktionierenden Befehlen über die Unlust zu sterben zum Versagen der Armee.
Darin liegt die derzeitige Überlegenheit der ukrainischen Armee, wir werden sehen, ob sie stark genug ist, durchzuhalten.
Damit ist die Ukraine eine mehrfache ideelle Bedrohung. Sie bedroht Westeuropas relativistisch-pazifistische Dekadenz, die Bequemlichkeit, sich echten Problemen diskussionswütig zu stellen. Sie ist eine Projektion, wie der Westen sein müßte. Gegen Rußland kann sie nur erfolgreich sein, wenn sie das abwägend handelnde des alten Westens übernimmt. Gleichzeitig bleibt sie vaterländisch, das was der Westen aufgegeben hat und das mancher in Europa in Putins Rußland verkörpert sieht und nachdem sich manche heimlich oder unheimlich sehnen.
Für das starre Rußland ist die westliche Durchlüftung des Vaterländischen eine Bedrohung, weil es letztlich das Imperiale infrage stellt. Obwohl das in der Perspektive auch für Rußland ein Weg wäre.
Eine andere Projektion stellt die Ukraine für die Grünen dar. Eine Opfergruppe jenseits des Weltklimas, um aus dem Dilemma zwischen Realpolitik und Weltuntergang herauszukommen.

Mutmaßungen über Shanghai

Hier das Einsperren von Millionen in ihre Wohnung, die Organisation der totalen Immobilität, die Unterbrechung der Welt-Mobilität und die totale existentielle Abhängigkeit des Einzelnen vom Staat.
Nur mal so gedacht: Wir probieren das aus, ob es möglich ist und wielange. Wir steigern die Idee, mit der wir vor zwei Jahren die Welt beglückten (und wieviele ließen sich beglücken!) ins Aberwitzige und testen das.
Ein Signal geht nach Außen: Wir können das. Wir boykottieren Euch, mal sehen wie lange ihr das aushaltet.
Nach Innen: Haltet still, Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, Alles Gute kommt von oben, also nehmt in Demut und gehorcht. Die Partei sorgt für dich, du bist nichts ohne die Partei.
Die Steigerung der Blaupause von 2020, in zwei Monaten ist wieder alles normal, als wäre nichts passiert, auch das war China 2020. Das Signal ist: nichts hat Bestand, außer die Macht der Partei.

Erschöpfung

Ich bin erschöpft. Daß sich ein Zustand wieder einstellen könne wie vor Fünfundzwanzig Monaten, scheint genauso unwirklich, wie es der Zustand in den letzten zwei Jahren war.
Eine Situation der Unwirklichkeit wechselt mit der nächsten.
Ich bestehe dennoch auf die Alltäglichkeit des Menschlichen: Verstand, Übung, Liebe, Mitmenschlichkeit. Diese Alltäglichkeit, die Abwesenheit von Abstraktem ist die Voraussetzung für das Wunderbare.
Ein Zustand der Unwirklichkeit, also der permanente Zweifel, ob etwas gilt, ist ein Tor zum Gespenstischen.
Aber vielleicht bewegen wir uns schon seit vielen Jahren im Gespenstischen.

Nachrichtenlage

Nach vier Wochen hat sich das Mobiblisierungs-Adrenalin verbraucht. Es werden Fortschritte bezüglich Sieg oder Niederlage erwartet. Pazifistische Rollenspiele kommen ins öffentliche Gespräch oder unschöne Wirkungen von Einschwörung auf der ukrainischen Seite. Es gibt Meinungen auf der sicheren Seite, die Männer, die nicht kämpfen, als Feiglinge bezeichnen.

Nach der Heroisierung des einfachen Todes, nun die des schrecklichen Todes und die Frage, was Freiheit oder Tod eigentlich bedeuten. Daß man die beschuldigt, die einen mit der Notwendigkeit ihres Kampfes und der Gefahr ihres Todes belästigen, kommt nicht selten vor, hier ist es die Abwehrhaltung von Wohlstandspazifisten.

Aber sich den Kämpfen entziehen zu wollen, nicht sterben zu wollen, ist nachvollziehbar. Ebenso, daß der Anführer die Verteidiger aufruft, nicht nachzulassen und dabei zu Mitteln der Demagogie greift und die Einigkeit und Stärke der Heimatfront beschwört. Dabei stören Kosmopoliten.

Dieser Krieg da ist das Nachglühen des Kommunismus. Seine Gewalt, sein Terror, sein Anspruch zu herrschen, ohne jemanden zu fragen. Die Lüge, die wahr wird, wenn die Fragen weggefragt sind, die Fragen die den hinweggeblasenen Idealen folgen. Was hier eine Niederlage erleidet, ist die Naivität. Die echte, die immer nach dem Sinn fragt; die falsche, die es sich schön einrichtet.
Die Rote Armee zeigt nun unter Zeugen, was sie immer war: ein Kind des Terrors. Entstanden aus dem Terror gegen Alle, die nicht in das Glück des Neuen Menschen paßten.

Die ukrainische Seite steht solange mit dem Rücken zur Wand, solange die Russen im Land sind. Sie brauchen unsere Hilfe. Aber es zeigt sich eben auch die Seite des Verteidigers, die nicht zum edlen Helden paßt.

Ent-Carbonisierung, De-Heroisierung, all die schönen Spiele des Relativismus schwinden, der Mensch, wie er gewünscht wird auch. Kampf & Tod kommen zurück in unser Bewußtsein, Arbeit & Entbehrung ebenso. Was es zu behaupten und zu verteidigen gilt: der Mensch in seiner Gänze und in seinem Widerspruch.

Der Putin-Lauterbach-Vergleich

Beide Helden aufmerksamkeitssüchtiger Mangelerscheinungen. Der eine der Despot der Wiedererrichtung eines noch nicht ganz untergegangenen Imperiums, der andere Despot seines Körpers und Utopist dieser Zumutung an sich selbst als Maßstab für Alle.
Beiden ist nicht zu helfen, der eine hat sich mit dem Imperium auf Gedeih & Verderb verknüpft, der andere ein gescheiterter Diagnostiker, ders mit Gewalt an sich selbst versucht.
Immerhin kann der Letztere verlieren, er entsalzt sich dann zu Tode, der andere kann nicht verlieren ohne zu Tode zu kommen.
Trotz der Verschiedenheit ihres Herkommens, der eine von der Straße in der Diktatur des Mangels an Allem, außer Gewalt; der andere Kind einer pädagogisierten Gesellschaft mit viel Überfluß, aber dem Mangel an Echtem, kämpft der eine mit der Welt, der andere zuerst mit sich, dann mit Deutschland – bei Europa machte ihm der andere einen Strich durch die Rechnung.
Kämpft der eine mit allen Mitteln, kämpft der andere mit der Angst, einschließlich der vor sich selbst.
Beide bekämpfen, was nicht real ist, aber ihr Kampf schafft Realität. Der eine weiß, wann er lügt, der andere erst hinterher. Beide in einem Verhältnis zu einer allein relativistisch denkenden Welt, der der Menschenverstand abhanden kam. Wladimir arbeitet damit, während es in Karl arbeitet.
Also ist Wladimir der bewußtere von beiden, jedoch nur soweit, als sein Imperium real ist.