Der Baum hat sechzig Jahre gestanden. Übrig blieb ein Stubben, die Sägestelle hüfthoch. Ein Loch in der Mitte dokumentiert den Grund. Gestern brannte der Stubben von innen heraus, feuchter Qualm stieg aus dem Loch. Jemand alarmierte die Polizei, es kamen zwei Fahrzeuge mit vier Beamten. Einer ging in die nahe Bibliothek, einen Eimer Wasser zu holen, eine Nachbarin kam mit einem weiteren Eimer, den ein weiterer Beamter nahm um in der Bibliothek Wasser zu holen. Ein halber Eimer hätte genügt, den Brand zu löschen. Der Stubben ist durchnäßt, die Polizisten rauchen und lachen. Wie um zu zögern, in die Wagen zu steigen.
Monat: März 2019
die bittere Rose
Bei Libuše Moníková (Die Fassade) stieß ich auf den Mythos der bitteren Rose, den Hinweis, daß er in Daumal: Der Berg Analog erzählt wird.
Wer vom Blatt der bitteren Rose gekostet hat, dem brennt die Zunge, wenn er lügt.
Die Wahrheit soll ja mit klarer Stimme sprechen, mit einer Stimme, mit einer Zunge, sagt man. Die Lüge spricht mit gespaltener Zunge, hat viele Beine. ETC. Was der Mythos der bitteren Rose erzählt, wie die Lüge dem Lügner zusetzt. Könnte man nicht davon ausgehen, daß sie viel eindeutiger ist als die Wahrheit?
Greta & Michel
Es ist unmöglich, durch Ansichten zur Wahrheit zu gelangen, denn jede Ansicht ist nur ein ver-rückter Blick auf die Wirklichkeit.
Emile Cioran: Gevierteilt
Greta stellt die Forderung, uns zu ändern. Sie ist der reine, kindliche, kalte Engel, der fordert und überwacht. Wegen der Reinheit unkritisierbar, der Kälte unbeirrbar, gibt ihr die Kindlichkeit den Anschein der Wahrheit. Sie ist der Schatten des Kindes, das über den nackten Kaiser lacht. Sie scheint Hoffnung zu verkörpern. Wäre sie ein schrecklicher Engel, hätte sie keine Zweifel an ihrem Tun. Sie wird sie haben und mit jedem Aufreißen des Mundes und Atmen und Redens wird sie gegen den Zweifel kämpfen.
Klammer(Vielleicht der Schatten des Kindes, der über sich selbst (die Schattenwerfende) lachen müßte)
Der Held aus Houllebecqs Serotonin ist ganz auf der Seite des Zweifels; die Depression hat ihn gepackt, aber was er tut (nachdem er versucht war, Gott zu sein), ist das einsamste, einzigste Tun eines Menschen (Heiligen?). Ohne Publikum, gäbe es den Leser, den Autor nicht.