Die

denen die Freiheit nicht reicht, die sie (als könnte man das) neu erfinden wollen und sie dabei zerstören.

Köln 75 – 2 Frauen, 2 Lebensbetrachtungen, 1 Künstler

Und alles schwieg. Doch selbst in der Verschweigung
ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor.

R.M.Rilke: Sonette an Orpheus

Der Spielfim Köln 75 ist ein wunderbarer Film, indem es um das Ringen eines Pianisten geht, dem Versuch, aus einem bedingungslosen Anfang Musik zu spielen, die nur im Augenblick existiert. Er leidet an Rückenschmerzen, an seiner Angst bei jedem Auftritt, an jedem Huster im Publikum.

Es geht um die Emanzipation einer sehr jungen Frau, die Alles gibt, um diesen Augenblick möglich zu machen. Die noch mehr gibt, als das Scheitern droht und die diesen Augenblick gewinnt, obwohl sie aus Angst an ihm nicht teil hat.

Es geht auch um ihre Freundin, die die Welt, in der sie lebt zerstören möchte (macht kaputt, was euch kaputt macht). Obwohl sie sie vorher gerne noch kennen lernen würde.

Und die, wie fast alle im Saal 70 Minuten Schönheit gewinnt, für die es sich lohnt, daß diese Welt existiert.

Emanzipation

…die Gleichung von Bürger und Mensch geltend zu machen, wobei man entweder die Adligen als Sezessionisten der Menschheit abschaffen wollte oder die Menschheit insgesamt in den Adelsstand zu erheben suchte,…

Peter Sloterdijk: Du mußt dein Leben ändern, S. 26

Hier werden zwei Prinzipien der Emanzipation erwähnt: das jacobitische, welches alle Abweichungen nach oben guillotoniert oder das sozialdemokratisch-reformistische, welches Emanzipation als Bildung  und dem damit verbundenen Aufstieg begreift.

Die heutige postkoloniale, antirassistische, feministische, linksidentitäre und Gender- Ideologie kennt allein den jacobitischen Weg. Der Weg der individuellen Anstrengung ist nicht mehr vorgesehen, man schließt sich zu Gruppenidentitäten zusammen, die davon leben, die zu denunzieren, zu bekämpfen, die das individuelle Glück und Fortkommen in der eigenen Leistung sehen und suchen.

Hier geht es um Gruppen, die zwar ihre Gleichheit vor dem Gesetz erkämpft haben, aber in ihrer Freiheit eher eine Zumutung sehen; lieber wollen sie im Nachhinein diejenigen bestrafen, die sie in diffusen Ressentiments für das eigene Scheitern verantwortlich machen.

Hier endet die Aufklärung, in der das Individuum aus Ständen, Klassen, Rassen und Geschlechtern als solches heraustritt, einen erweiterten Möglichkeitsraum betritt, nun soll es sich wieder in Gruppen einreihen. Was progressiv deklariert wird, ist ein Rückschritt in eine tribale Archaik, es ist die Reaktion auf die Freiheit.