Der tellkampsche Punkt

Was in dem Mann vorging, weiß ich nicht, aber was in mir vorgegangen wäre, wäre ich an seiner Stelle gewesen. Die Schwierigkeit, eine erkannte Wahrheit in mein Umfeld zu tragen, auf die Gefahr eines strafenden Milieus hin. Ein Renegatentum, auf das man nicht vorbereitet war. Der kafkasche Punkt, von dem es keine Wiederkehr gibt und den es zu erreichen gilt. Die Beschämung seiner Kritiker, die um den Ruf ihrer intellektuellen Redlichkeit zu Recht fürchten müssen.

(Klammer: Die Renegation vom DDR-Milieu hatte man in Gedanken zigfach vollzogen. An einen Renegatentermin, wie ihn Uwe Kolbe beschreibt, kann ich mich nicht erinnern. Aber an eine ständige und ständig wachsende Verärgerung meinerseits über Ostalgie, das Infame der SED-PDS-Linke und jenes “Es war doch nicht Alles schlecht”.  Verwunderung, warum das gefühlsduselige Gebäude DDR nicht im Arsch der Geschichte verschwunden ist; mit dem Nationalsozialismus in die selbe Kammer gehört. Zwischen der Geiselhaft, in die uns die “Linke” mit ihrer Moral genommen hat und der Verklärung des DDR-Bolschewismus gibt es einen Zusammenhang.)

(Klammer2: Nach Nietzsche ist Sitte: daß was man eben tut, die Regeln des Zusammenlebens; Sittlichkeit: die Einhaltung der Regeln und Moral: die Einstellung zur Sittlichkeit. Die Moral der Linken ist eine Einstellung zu einer Vorstellung, wie die Welt sein müßte oder besser eine Einstellung zur Differenz zwischen dem wie die Welt sein soll und dem wie sie ist. Das ist eine ungeheure An-Maßung und Vereinfachung ins nahezu Infantile; da jeder eine andere Vorstellung hat, wird der gemeinsame Nenner der Moral immmer kleiner. Es ist keine Moral des Zusammenlebens, sondern eine der Volks-Erziehhung zu sich permanent ver-ändernden Geltungen. (Klammer3: Das Veränderliche als Lebensprinzip Metamorphose: ja; als Diktat: nein!) Daß die Sitte hinterfragt wird, schon durch das Leben selbst, durch Denken, Verhalten: es passiert und ist nicht zu ändern. Hier sind alle Fragen der Kritik berechtigt und alles weitere ergibt sich daraus, jedoch die Umkehr der Reihe, die Veränderungsgestaltung von der Moral her ist eine Wut-Attacke gegen die Sitte, gegen das, was sich nicht so einfach per se ändern läßt, gegen die Langsamkeit des Lebens. Am Ende richtet sie sich gegen den Wütenden selbst.)

Letzte Einheitsfront

Keine Niederlage, kein Zusammenbruch. Ein Kapitel, welches die „Letzte Einheitsfront“ heißt. Auf der Rutsche in den Sand der Banalität das irre Aufjuchzen einer Eschatologie der Dinge, die „wir“ nicht wollen. Wie eine (res)sentimentale Schallplatte: Auf zur letzten Rille! Ein billiger Pop, jede Melancholie verschwendet.

Willkommenskultur

Als Eschatologie: Wissen um das Scheitern; nun erst recht.

(Klammer: Das alte deutsche Thema Götterdämmerung. Ohne Getön geht es nicht und nicht ohne Geiselhaft von Unentschlossenen, Fremden oder der Öffentlichkeit. Geiselnehmer und Geiseln sind schon vorher in den Stockholm—Modus gefallen und der Ausstieg aus diesem Wahn fällt schwer.)


Love’s Labour’s Lost

Zunächst stehen sie dort, wo sich die Straßenbahn in die Kurve faltet, auf der Drehscheibe. Sie ist ein paar Zentimeter größer. Immer wieder greift sie ihm in die Haare. Nebeneinandersitzend, wendet sie sich zu ihm und zwei Finger ihrer Hand streichen seine Haare hinter sein Ohr. Sie zieht ihren Arm zurück und legt ihn geschwind über seine Schulter. Dann wieder auf seinen Kopf und lächelt. Sein Schulterblatt neben ihr, ist höher als das andere: sein Rücken krümmt sich von ihr weg. Als er aussteigt, winkt sie.

Probleme von Mann und Frau

Die unterschiedliche Intelligenz von Mann und Frau. Männlich: zielgerichtet, aber im Scheitern verzweifelnd. Weiblich: Diffus, chaotisch, aber am punktuellen Widerstand einen Weg findend. Glück: Balance beider. Wo sie diffus ist, findet er den Weg; ist er verzweifelt, hat sie ihn schon gefunden. Im Kampf gegeneinander verlieren beide: das Ziel geht ins Diffuse, der Ausweg in die Verzweiflung.

Klammer:(DAS PROJEKT ist ein Projekt des weiblich-diffusen in indirekte Konkurrenz zum Männlich-Direkten zu treten. Über Nebenkriegsschauplätze die sogenannte männliche Dominanz zu brechen. Die es in Bereichen zwar, aber nicht in allen Facetten des Lebens gibt. Unter anderem in den höher dotierten. Daß die Jungs, die mit dem Computer rumfummeln, am Ende mehr Geld, als Professorinnen verdienen, verletzt. Also werden Projekte gemacht. Daß der Strom aus der Dose kommt oder gar im Netz gespeichert werden kann, wird vorausgesetzt. Bei Aller Extremkritik am Mann, daß es einen Bereich gibt, wo Männer eine Produktions- und Sicherheitsbasis schaffen, wird immer, wenn auch manchmal unbewußt, vorausgesetzt. Projekte mit weiblicher Dominanz. Je mehr sich diese in die Mitte schieben, desto mehr Kräfte werden gebunden und die Infrastruktur wird vernachlässigt. Am Ende werden die meisten Projekte ins Leere laufen, bis dahin aber ist die Balance zwischen Frau und Mann gestört. Klammer in der Klammer:(Daß sich Lücken derart auftun, in die eine reaktionäre Vorstellung des Verhältnisses von Mann und Frau dringt.) Gestört, wie sie bis in die Mitte des 20. Jh. in die andere Richtung gestört war.)