Im Zeitalter des Wunschdenkens

Wir leben im Zeitalter des Wunschdenkens, in der Zeit in der es den Anschein hat, daß die Wünsche in Erfüllung gehen. In den Märchen gingen sie in Erfüllung und die Menschen liebten sie, wohl wissend, daß sie niemals wahr werden würden.

Das größte utopische Wunschdenken scheiterte 1989 an der Realität. Die gekränkte Linke ist seitdem auf der Suche nach Objekten für ihre Projektionen. Dabei gerät sie in gefährliche Fahrwasser multipler kognitiver Dissonanzen. Antisemitismus ist Klassenkampf, Arbeiterklasse ist reaktionär, Gleichheit für alle, aber technischer Fortschritt nicht für alle.

Noch nie gab es so viele mythische Parallelwelten wie heute. Bücher, Filme, Spiele erfüllen die Wünsche des Menschen nach Vergessen. Wer keinen Hunger, keine Kälte, keine Not kennt, findet in der Hölle der erfüllten Wünsche keinen Trost und sucht ihn in den tausenden Trivialutopien, die die Medienwelt über uns ergießt.

Die Linken kämpfen nicht mehr um die Wirklichkeit des Lebens, sondern um die des Wünschens. Sie treten in die Lücke, die die große Schwäche des modernen Menschen, sein Kampf um die Sehnsucht nach einer Traumwelt läßt.