Daß die Ukraine sich mit einem Fuß im Westen befindet, zeigt die Strategie ihrer Armee. Intelligent, beweglich auf die russischen Eisenkolonnen reagierend, eine Kriegsführung, bei der man sich sowenig wie möglich opfert, dem Feind soviel wie möglich Schaden zufügt. Weit entfernt vom ritterlichen (Aufeinander-) Treffen.
Der andere Fuß im Osten, das ist die unbedingte Verteidigungsbereitschaft, sich für seine Heimat zu opfern – wenn es sein muß. Wenn es sein muß, das ist der Unterschied zu den Russen, das Wort wenn. Die russische Armee hat die alte Befehlsstruktur (im Gegensatz zu im Auftrag handeln), das Erbe des Sozialismus, wo keiner Verantwortung übernimmt. Opfern gilt hier immer, als Befehl und so steht dann auch ganz schnell für den einzelnen Soldaten die Frage: Warum muß ich mich opfern, das Umschlagen von nicht funktionierenden Befehlen über die Unlust zu sterben zum Versagen der Armee.
Darin liegt die derzeitige Überlegenheit der ukrainischen Armee, wir werden sehen, ob sie stark genug ist, durchzuhalten.
Damit ist die Ukraine eine mehrfache ideelle Bedrohung. Sie bedroht Westeuropas relativistisch-pazifistische Dekadenz, die Bequemlichkeit, sich echten Problemen diskussionswütig zu stellen. Sie ist eine Projektion, wie der Westen sein müßte. Gegen Rußland kann sie nur erfolgreich sein, wenn sie das abwägend handelnde des alten Westens übernimmt. Gleichzeitig bleibt sie vaterländisch, das was der Westen aufgegeben hat und das mancher in Europa in Putins Rußland verkörpert sieht und nachdem sich manche heimlich oder unheimlich sehnen.
Für das starre Rußland ist die westliche Durchlüftung des Vaterländischen eine Bedrohung, weil es letztlich das Imperiale infrage stellt. Obwohl das in der Perspektive auch für Rußland ein Weg wäre.
Eine andere Projektion stellt die Ukraine für die Grünen dar. Eine Opfergruppe jenseits des Weltklimas, um aus dem Dilemma zwischen Realpolitik und Weltuntergang herauszukommen.