Führe das Pferd doch
quer über die Felder hin!
Kuckucksrufe
schreibt Matsumo Basho ein Haiku auf den Pferderücken. Der Bursche, der das Pferd geführt hatte, bat ihn um einen Vers. Amüsiert hatte sich Basho gefragt, was wohl in dem Burschen vorgehe.
Quer über die Felder! So schnell kommt kein Gedicht. Führe das Pferd über die Felder, jage hinterher, wenn du es vermagst zu fangen, fange auch den Vers und lies ihn. Wenn der Kuckuck, der Vogel der Dichter ruft, hast du den Vers vielleicht erreicht.
Matsumo Basho, Haibun No. 48
(Klammer vom 17. Juni 2018: Jeder Kenner Bashos wird die Mißinterpretation dieses Haikus sofort stirnerunzelnd bemerken.
Basho hatte soeben die alte Grenze vom Kernland zum Hinterland überschritten. Dichter, die dies vor ihm taten, schilderten den Übergang herbstlich.
Aus dem geordneten Kernland kommt man in das chaotische Hinterland, wo der Herbst an den nahen Winter erinnert, den man in der Wildnis schwerer übersteht.
Basho überschreitet die Grenze, sich der Vergangenheit von Krieg und Chaos [auch im Kernland!] bewußt; aber im Frühling!, vielleicht auch in der Hoffnung auf Gedichte aus dem Neuen und Wilden heraus.
Über die Felder heißt eigentlich, daß der Bursche, der das Pferd auf dem Basho sitzt, führt, Basho nun auf dem Pferd sitzend über die Felder führen soll, wo in den Bäumen der Kuckuck sitzt.
Die wilde Landschaft hinter der Grenzschranke ist längst erschlossen, Wege führen durch die Felder gewordene Wildnis. Ist das wild, reitet man quer darüber?
Jedoch, daß es Grenzen gibt, die erinnert werden, in dem man ihre konservierte ehemalige physische Präsenz bewußt überschreitet, verstehe ich. Nach fast Dreißig Jahren noch ist jede Überschreitung des Katzenkopfpflasterstreifens, der den Verlauf der berliner Mauer markiert, mir bewußt.)