Das Problem, das angesprochen wird, wenn vom Denkmal der Schande die Rede ist.
Die deutsche Erzählung: Wir haben das getan, es tut uns leid, wir wollen es nie wieder tun. Das wird nicht ohne den Tonfall ausgesprochen, den Broder Sündenstolz nennt, eine Selbstgerechtigkeit nämlich, die die Leistung erbringt, das Getane in eine Bad-Bank zu drücken, diese aus dem Volkskörper autzusourcen in ein Reich, wo der Beschämte zum moralischen Sieger wird, der mit dem Finger auf die Bad-Bank deutet.
Der Film über Churchill, Die dunkelste Stunde zeigt den Unterschied. Eine Nation, die stolz ist, Stolz hat und ihn aus der Bedrohung heraus neu entwickelt. Zu welcher historischen Situation wäre so ein Film über Deutschland möglich?
Wir werden weder Hitler noch Babi Jar los, jeder hat recht, der die Motive für den Bau des Holocaust-Mahnmals in Frage stellt. Zuallererst die Überlebenden und die Nachfahren der Ermordeten.
Integriert Hitler!, müßte man den Deutschen, müßten wir uns zurufen. Betrachten wir ihn als Teil von uns, den wir nicht loswerden.
Auch eine Bad-Bank verlangt am Ende nach einer Bilanz. Minus bleibt minus.
Es gibt allerdings eine deutsche Stolz-Erzählung. Der Sieg über die SED. Dabei folgende Momente: Die Scham eigenen Mittuns als Kraft-Impuls zur Überwindung der Angst vor der Rebellion. Das spielt sich im Einzelnen ab, kann aber zu einem kollektiven Glücks-Moment werden. Diesen Moment des Auf- und Ausbruchs eines Volkes als Erzählung werden zu lassen, ist offensichtlich nicht gelungen.
Dafür der törichte Tischkreis, der das dürre Gespenst des Kommunismus erneut beschwört. Die alte Bad-Bank wird als Simulation von Gefahr benutzt.
Als würde das kollektive Unbewußte der Deutschen ein merkwürdiges Drama inszenieren und Anstrengungen unternehmen, es real werden zu lassen.
Die einen im Volk sind Nazi und werden es immer bleiben. Die Guten bekämpfen sie und überwinden damit die böse Vergangenheit. Dabei wird eine Situation der Unfreiheit geschaffen. Der Kampf gegen die deutsche Industrie, das Kapital, das den Faschismus erst ermöglicht hat, aber auch den Wiederaufbau und damit die Nazis im Volk konserviert hat. Es schlägt um, die Nazis werden die Guten und retten deren Seelen und die Freiheit, alles verschmilzt, endlich gibt es die gesamtdeutsch-stolze Erzählung.
Das Holocaust-Mahnmal ein Denkmal der Schande zu nennen ist der erfolglose Versuch, Babi Jar als Erzählung ungeschehen zu machen. Es ist aber auch das Buhrufen am Rande des Selbstapplauses.
Nachtrag: Sündenstolz geht auf Herrmann Lübbe zurück.