Wird eine Gesellschaft grausam, wenn sie das Gewalttätige in sich tabuisiert, nicht auslebt oder zumindest kanalisiert? Stellt sich ihr kollektives Unbewußtes auf die andere Seite und die neue Grausamkeit ist die Negation der Gewalt? Oder importiert sie sie unbewußt, um einen Ausgleich zu schaffen?
Tag: 26. Dezember 2024
Grausamkeit (2023)
Während der Corona-Zeit hat eine Mehrheit des Volkes den Staat ermächtigt, grausam zu sein. Das Motiv war Angst, die eine bedingungslose Angstteilnahme vom Nächsten verlangt und grausam gegen die ist, die die Angst nicht teilen.
Jemanden zu zwingen, eine Maske zu tragen, sich testen zu lassen oder im schlimmsten Fall, sich impfen zu lassen ist grausam, wenn der zu Zwingende weder Angst hat, noch die Notwendigkeit eines Schutzes teilt.
Stoße sie aus, sollten sie es wagen auch noch öffentlich darüber zu diskutieren.
Grausamkeit ist die Haltung, die gebraucht wird, um etwas weg zu machen, es zu vernichten. Hier: die Angstfreiheit, die die eigene Angst lächerlich macht.
Mit der Ermächtigung nach oben war es unten gestattet selbst gegen seinen Nächsten grausam zu sein.
Jedoch handelte es sich hier nur um die Simulation von Gefahr und ihre Bewältigung die Simulation einer Lösung.
Grausamkeit ist ein Mittel der Art-Erhaltung. Wer die Angst der Gruppe nicht teilt, ist eine Bedrohung.
Die andere Gruppe, die getötet werden muß, weil die Ressourcen nicht reichen.
In den Wohlstandsgesellschaften ist die offene Grausamkeit eingeschlafen oder wird nur als Randphänomen betrachtet.
Mit den großen kollektiv wirkenden Ängsten ist sie wieder da. Demokratie und Zivilisation treten in einen archaischen Modus zurück.
Niemand will grausam sein. Grausamkeit versteckt sich hinter Verordnungen deren Erfüllung einen Modus rechtschaffenden Handelns in einem GroßenGanzen simuliert.
Plötzlich gilt das Individuum in seiner Gewissens- und Entscheidungsfreiheit nicht mehr.
Mit dem Überfall Rußlands auf die Ukraine tritt offene Grausamkeit in unmittelbarer Nachbarschaft an uns heran. In tausenden Videos ist zu sehen, was es heißt, wenn Krieger mit modernen Waffen aufeinandertreffen. Wer es sehen will, kann es sehen. Für die meißten Zuseher jedoch wird das Grausame ausgeblendet und der Krieg dort versinkt im Rauschen.
Der sich beschwerende Pubertierende, dem der Protest das erste Mal kraftvoll über die Lippen kommt nach den möglichen Demütigungen der Kindheit. Die sich wegduckenden Erwachsenen, möglicherweise voller Schuldgefühle. In diese Gemengelage dringt ein 15jähriges, wenig weiblich entwickeltes Mädchen, was mit der Welt aushandelt, was es mit den eigenen Eltern tun müßte.
Das Recht des Opfers, nicht differenzieren zu müssen, führt an die Grenze, wo Protest Grausamkeit wird. Das haßverzerrte Gesicht hat kein Mitleid mit der Welt. Wer je geglaubt hat, es ginge um Klima und Umweltverschmutzung, wird von der Kufiya, die sie nun trägt eines Besseren belehrt. Wie konntet ihr nur eine Sekunde dieses Kind ernst nehmen?
Wenn respektabler Zorn (gegen die Eltern!) in Haß (gegen die ganze Welt) umschlägt, verliert dieses Kind sein Recht, daß man ihm zuhört. Denn eigentlich will sie die Vernichtung der Welt. Das Infantile, das bis weit in die Erwachsenenwelten reicht, wird in seiner Gleichgültigkeit allem wirklichen Leid gegenüber grotesk, bevor es grausam wird.
Die Proteste gegen Israel sind voll gleichgültiger Blindheit gegenüber dem ausgeübten Sadismus und der Mordlust der Hamas.
Was am siebten Oktober in Israel geschah, ist kein Krieg und wenn, dann einer, der nur aus Kriegsverbrechen besteht, weil die Mörder keine Soldaten angegriffen haben, sondern Unschuldige.
Grausamkeit ist seit dem letzten großen Krieg aus den westlichen Gesellschaften sowohl als staatliche als auch öffentliche Handlungsoption verschwunden. Dies galt als Fortschritt, nämlich daß sie durch zivile Umgangsformen ersetzt wurde.
Mit der Einwanderung von Menschen aus archaisch geprägten Gesellschaften hat sich dies geändert.
Durch die Vernetzung der Nachrichtenlage, ihre Verdichtung, gelangt das öffentlich ausgeübt Grausame zu uns.
Die Grausamkeit der staatlichen Maßnahmen während der Corona-Pandemie war zum Teil nur möglich, weil sich unsere Gesellschaften schon auf einem Rückzug aus der Zivilität befanden.
Eine Rückkehr scheint unmöglich, da die destruktiven Zustände in den westlichen Gesellschaften eher zu- als abnehmen. Also werden wir uns gewöhnen müssen. Sich abzuwenden wird wenig helfen.
Rom ist in einem langen Prozess durch das Christentum zivilisiert worden. Er dauert bis heute an, mit gewaltigen Rückschlägen. Wir werden uns entscheiden müssen, ob wir diesen Prozess fortsetzen oder nicht.