Die Genealogie der Gesellschafts-Kritik: Kritik einer Anzahl Individuen, die eine Gesell-Schaft bilden. Kritik einer Anzahl Gesell-Schaften, die im Gegensatz zu dem stehen, was das Volk ist. Die Kritik ist anfänglich der ungebärdige Kynismus, wird Philosphie, wird Theorie (kritische!), bis hin zu Modellen (Utopien).
Wenn Gesellschafts-Kritik anhand von Modellen nicht funktioniert, die Realität den Modellen die kalte Schulter zeigt, versucht sie, die Modelle zu Themen, die Themen zu einfachen Anweisungen zu versimpeln.
Aus Eine Gesellschaft der Gleichen und Freien wird Auch Schwarze sollen gleich behandelt werden wird Schwarze zählen mehr. Je monotoner, desto autistischer und autoritärer. Der Angesprochene wird von einem zu Überzeugenden zu einem Befehlsempfänger.
Es profitieren die Themen-Träger, die Institutionen. Die Agitatoren agieren nicht individuell, sondern institutionell, sie haben etwas hinter sich (gerne wird die Wissenschaft benutzt).
Man bemerke den Wechsel der Position des Kritikers von der Aussen-Seite über die Institutions-Seite hin zur offiziellen Seite. Der Kynische, der sich kratzende, stinkende, höhnende Hund ist wieder da. Auf der anderen Seite. Das sich amüsierende Volk übrigens auch.
Autor: pylop
Freedom
Der schwarze Jazz des 20. Jahrhunderts ist in seinen herausragenden Personen (Louis Armstrong, Elle Fitzgerald, Duke Ellington, Billie Holiday, Miles Davis, John Coltrane, Thelonious Monk und Ornette Coleman) sicher auch Ausdruck eines Freiheitsstrebens, mehr noch der eines Strebens überhaupt, aber vor Allem der Beweis einer längst vollzogenen Emanzipation.
Das Volk
Das Volk kehrt zurück, es fühlt sich in der Gesellschaft nicht so wohl.
Beim Wiederlesen Der Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Wie von selbst ergibt sich mir, daß dieser Josef Schwejk zu dem gehört, was das Volk genannt wird. In dem Roman gibt es etliche, die nicht dazu gehören: Der geheime Polizeispitzel, Richter. Polizeioffiziere, Feldkuräte …etc.
Kakanien war ein ständischer Obrigkeitsstaat, dessen einer Vorteil in den sich widersprechenden Obrigkeiten bestand. Die Obrigkeit des Prag von 1914, die Obrigkeit des Kaisers: Meine Völker.
Gibt es heute kein Volk mehr?
Das Volk – das Undifferenzierte, die undifferenzierte Masse: Viel Volk.
Mein Volk: Let my people go!
Das Volk. Die Gesellschaft.
Die Gesellschaft – das was sich zueinander gesellt. Das sich differenzierende (im Volk?).
Was, wenn es sich nun ausdifferenziert hat? Man kann immer mehr Unterschiede finden im Wahrnehmungsbereich. Aber die Unterschiede der Einzelnen in Gesellschaft unterscheiden sich in ihrer Unterschiedlichkeit im progressiven Maße unendlich gegen Null.
Der den anderen Einzelnen suchende Einzelne findet immer mehr den gleichen Einzelnen. Wird Gesellschaft. Wird sie größer und ununterschiedlicher, wird sie wieder Volk.
Wird es wieder einen Ständestaat geben, eine Obrigkeit?
Modi
Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur Deutsche! – Wilhelm II.
Wir alle gegen das Virus. Die Falle: Es klingt wahr. Der Kriegsmodus.
Der Gang durch den Nebel, durch den Dschungel, durch das Labyrinth. Der Modus des Hinhörens, Entscheidens, Widerrufens. Immunität auch durch die Schärfung der Sinne, der Erkenntnis; die Weitung des Raumes für das Denken.
Der Kriegsmodus: Dem Dschungel mit dem Flammenwerfer begegnen.
Regeln
Eine Gesellschaft ohne Absprachen und Regeln ist keine.
Eine Gesellschaft, in der sich jeder sklavisch an ihre Regeln hält, ist ein Werk ohne Toleranzen. Einzelteile brechen, bevor es funktioniert.
Es muß Regelbrecher geben: sie sind nötig, ein System zu belasten.
Versuch & Irrtum II
Die Furcht vor der Macht der Softwarestrukturen, die den meißten verborgen und unverständlich ist. Die Angst vor einer sublimen Manipulation.
Die Hand, die das Kind leitet – eine Form ursprünglicher Manipulation. Der Manipulierte erkennt in ihr den Körperteil eines Menschen, der rational und irrational handelt. Gehorsam der von irrationalen Impulsen gefordert wird, die einen Weg zum Ungehorsam weisen. Das Empfinden eines Kindes, daß etwas ungerecht ist, kommt oft von der Irrationalität des Gerechten her.
Software funktioniert rational, sie ist eine theoretische Maschine, die über Schaltkreise praktisch wird. Wer mit ihr arbeitet, sie herstellt, weiß das, die Fehler weisen ihn darauf hin. Sie funktioniert nur, wenn die richtigen Eingaben kommen. Sie verlangt vom Benutzer eine Einarbeitung in ein Falsch/Richtig.
Kann es sein, daß der Konformismus, zumal Jüngerer, mit Software groß gewordener, daher rührt? Keine unterirdische Manipulation. Nur eine Gewöhnung an Falsch und Richtig ohne Irrationalität und ein damit gewachsener Irrglaube, daß wenn man im Handeln auf keinen Widerstand trifft, man richtig lag?
Übertragbar auf den Gesellschaftsalgorithmus, der Richtig meint, wenn ein höherer prozentualer Anteil Richtig zurückgibt.
Das nach Murphys Gesetz die Stulle wahrscheinlich öfter mit der Leberwurst im Dreck liegt.
Was aber Falsch bedeutet.
Solidarität
– die Verbindlichkeit des Mittelmaßes (wenn sie gefordert wird).
– die Angst zu überwinden, jemandem beizustehen, gegen den Alle sind (wenn sie gegeben wird).
oder Arno Schmidt und WS:
Was Solidarität eigentlich genau heißt ? ! : “‘Tis a greek invocation to call fools into a circle.”
Mehrheit und Recht
Daß ein Verbrechen möglich wird, gar rechtmäßig, ergibt sich aus dem, was geschah und weil es geschah, rechtmäßig war. Aus dem Stand findet Babi Jar nicht statt.
Diktatur wird in Stufen durch-ge-setzt, wenn sie nicht plötzlich mit der Axt ins Haus fallen kann.
Es übernimmt eine Gruppe (Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben. Walter Ulbricht), möglicherweise freie Wahlen, dann kleine inszenierte Putsche von möglichen Feinden (Röhm, CSR 1948, Erdogan 2016).
Aufrufe zur Mehrheit sollten mißtrauisch machen. Berlin war 1933 mehrheitlich nicht nationalsozialistisch, es mußte diese Mehrheit auf der Straße demonstriert werden.
Zu behaupten, man sei die Vielen oder Wir sind mehr. Es geht um die Einschüchterung der Indifferenten.
Auch die Beteiligung an Verbrechen geschieht stufenweise. Rechtens einerseits, andererseits das Denken des Möglichen unter der Realität der Machbarkeit. So gesehen ist auch Auschwitz Fortschritt. Rausch im Schwindel eines unendlichen Fallens auf einen Boden der scheinbar rechtmäßig ist. Kafka würde sagen, der Boden bestehe mehr aus Fallen, als aus Fels.
Der Hinweis auf eine unerschütterbar stehende Mehrheit zeigt auf vor Scham zurückweichenden Boden.
Die Behauptung des Individuellen, daß man Einzel und nicht Viel sei – es trägt die Gefahr, selbst als Einer mit anderen Einern zu anderen Vielen zu werden.
Nicht Viele zu sein, sich in jenem stillen Zwiegespräch zwischen mir und meinem Selbst zu befinden – Hannah Arendt – in sich verschieden, unterschiedlich zu sein.
Wer bei Wirsindmehr nicht draußen bleiben will, muß Absurdes schlucken. Etwa die Heiligkeit und Unschuld alles Fremden, analog zu Auferstehung und Unbeflecktheit oder AllahuAkbar.
Krisis
Falls ich diese treffen müßte: Krisis heißt Entscheidung, Trennung; es ist auch die Qual der Zeit, daß eine getroffen werden oder stattfinden muß.
Sich in einen Modus fallen zu lassen, der eine Entscheidung verlangt, dann alles zu tun, sich nicht zu entscheiden.
Immer neue Vor-Ent-Scheidungsszenarien zu entwickeln, zu wandern von einem Ort der Vorentscheidung zum andern.
Als ob das eine Wanderung in ein immer besseres Leben wäre, werden die Territorien der Orte immer größer. Größer im Sinne von von Alles oder Nichts, Tod oder Leben. Größer in Menge und Masse. Größer in Raum & Zeit in die ich mich verbringe.
In diesen Räumen ist, wie Kafka sagt, noch nichts geschehen.
Versuch & Irrtum
1. Alexander Wendt spricht vom Nebel, indem wir uns bewegen, Sloterdijk vom Labyrinth, durch das das Virus uns schickt. Die Notwendigkeit von Try & Error, die notwendige Diskussion darüber, was versucht und was gelassen werden soll.
2. Die meißten Regierenden sind in dem Modus: erst aussitzen, dann panisch nach-re(a)gieren. Jetzt in Deutschland: Nicht vom Weg abweichen, keine Diskussion.
3. Die Weltwirtschaft herunterzufahren, Maßnahmen in dieser Schärfe zu exekutieren, war ein Fehler, der sich in seinen Folgen zeigen wird.
4. Es gab vor Beginn der Krise eine Müdigkeit, Globalisierungsmüdigkeit. Eine Erschöpfung aus erhitzter Ökonomie, Kommunikation und Bewegung.
5. Eine Welt in einem Wohlstand, den sie nie zuvor hatte, Wünschen und Wunschdenken als immer stärker wirkende Bewußtseins-Elixiere. Das fehlende Bewußtsein für Wesentliches und Gefahr, das Umschlagen in Panik bei plötzlich möglicher Gefahr und religiöse Rituale als Lösungsweg: Desinfektionsmittel als Elixier.
6. Die offensichtliche Lust anfangs, sich in den Heim-Arbeits-Modus, den Nicht-Mehr-Arbeits-Modus fallen zu lassen. Das Zauberberg-Syndrom: die Freiheit der Frivolität, in der Krankheit ohne die Zumutungen des Alltags leben zu können.
7. Nicht alle können sich den Zauberberg-Modus leisten. Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Transport, Verkauf, Energiewirtschaft, Kommunikation, Öffentliche Dienste, Gesundheitswesen arbeiten.
8. Können unterbrochene Wertschöpfungsketten wieder ohne Probleme aufgenommen werden?
9. Was passiert, wenn Verwöhnte nun in Anspruch genommen werden? Wie groß ist die Bereitschaft zu Belastbarkeit?
10. Die Fragen, die das Virus stellt müssen plural diskutiert werden. Die amtliche Medizin kann nicht die einzige sein.
Fazit
Vielleicht sind wir in eine Falle gelaufen, kollektiv und weltweit, vielleicht gab es dafür Gründe. Die Schlußfolgerung daraus: Das Ungeübte zu Üben, die Routine als Mittel zu betrachten, das schnell unbrauchbar werden kann und geändert werden muß.
Routinen zu halten, als etwas, das so bleibt, wie es ist, scheint fragwürdig, wenn man sich kollektiv in den Experiment-Modus gebracht hat.
Gibt es einen Wunsch, das Verantwortlich-Handeln zu üben?
Verstricken wir uns in den Problemen, die einfache Lösungen für komplexe Probleme mit sich bringen?
Mehr denn je gilt der Streit der Meinungen, der Wettbewerb der Lösungsvorschläge.